Tag: #Feminismusfüralle

Ausgebildet. Aussortiert.

N hat ihre Ausbildung zur Kinderbetreuerin beim BFI am 17. April 2024 mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen. Auch die Pflichtpraktika hat sie mit Bravour erledigt. Die B2 Prüfung hatte sie bereits im Vorjahr abgelegt. Nun freut sie sich, dass sie endlich arbeiten wird. Und in der Kinderbetreuung sind verlässliche Mitarbeiterinnen wie N sehr gefragt.

Seit 17. April hat N sich mehr als 20mal beworben. Mit jeder Absage, die sie erhält, sinkt ihr Mut. Aber sie lächelt und sendet weiterhin ihren Lebenslauf und ihre Zeugnisse, ihr Bewerbungsschreiben und ihre Dokumente über den freien Zugang zum Arbeitsmarkt an Kinderbetreuungseinrichtungen. Niemand braucht eine Kinderbetreuerin mit muttersprachlichen Arabischkenntnissen. Dass viele Kinder von N als Betreuerin profitieren könnten und N geradezu ein Role Model für alle aufstrebenden jungen Migrantinnen ist, glaubt hier in der Südsteiermark niemand. Die Leitkultur hält man hier hoch. An Sonntagen trägt man Tracht. An Werktagen sind Dirndl und Lederhose ein unsichtbares Gott-sei-bei-uns.

N hat ein Problem, und das trägt sie auf dem Kopf. Wir brauchen keine Kinderbetreuerinnen mit Kopftuch. N weiß nicht, ob jemand das zu ihr gesagt hat, oder ob sie es nur ahnt. Das AMS bietet N nach sechs Monaten Arbeitssuche eine Stelle als Putzfrau in einem Hallenbad an. In ihrem Heimatland war N vor ihrer Flucht BWL-Professorin an der HAK. N kann sich nicht vorstellen, so eine Arbeit zu verrichten. Mittlerweile gibt es vegane Kochausbildungen. Warum bekommt sie so ein Jobangebot?

Österreichische Freunde haben N Unterstützung versprochen. N möchte als Tagesmutter oder Kinderbetreuerin arbeiten und nicht als Putzfrau. Deshalb hat sie so viel gelernt. Deshalb hat sie die Ausbildung gemacht. Da streicht ihr das AMS einen beachtlichen Teil ihres Budgets. Nun hat sie für sich und ihre fünf Kinder drei Monate lang 200€ monatlich weniger. Und eine Arbeitsstelle als Kinderbetreuerin hat sie immer noch nicht. Die anderen Kolleginnen aus ihrem Kurs haben allesamt Stellen gefunden. Sie raten ihr, das Kopftuch abzulegen.

„Ausländern wird vorgeworfen, dass sie in Österreich in der sozialen Hängematte liegen,“ sagt N.

„Dabei haben wir schlechte Karten, wenn wir gut ausgebildet sind und schon viele Leistungen zur Integration erbracht haben. Es ist gerade so, als würde ich einem Vegetarier zu einem saftigen Steak raten oder einer Tiehaarallergikerin Katzen schenken.“

Wir suchen also noch. Wer weiß, wo eine patente Kinderbetreuerin gebraucht wird? Im Bezirk Leibnitz?

Das war der Amselsturm im GÄZ.

Eine feministische Ausstellung mit Lesung und Musik.

Monika Lafer

Erster Dank gilt Erika Hütter vom Weiberhof. Als Kulturreferentin der Gemeinde Großklein hat sie mir den Raum im GÄZ zur Verfügung gestellt. In ihren Eröffnungsworten sprach sie so herzlich von unserem Beziehungsgeflecht, von den Ideensprüngen, die wir gemeinsam schon unternommen haben, dass es mir eine Freude war, auch aus der Farbe Sieben ein paar Gedichte zu lesen. Das war 2017 mein erstes feministisches Künstlerinnen-Kollektiv-Projekt, bei dem ich mitmachen durfte.

Erika Hütter im Publikum

Der Gemeinde Großklein danke ich, vom Bürgermeister, Christoph Zirngast, angefangen bis zur Alles-im-Griff-Frau Nici Hochsam, und dem Daniel Weber, der mit Wein und Säften vom eigenen Buschenschank beigesprungen ist, weil das Kleiner Café just zum Amselsturm Sommerpause hatte. Aber bei der Finissage, am 30. August, da hat es wieder geöffnet. Da werden wir Abhängen und auf ein gelungenes Konzept anstoßen, das Fortsetzung finden wird. Die aktive Gruppe besteht aus Kunstschaffenden aus Gleisdorf, Graz, Eibiswald und Leibnitz. In unseren Werken haben wir uns wechselseitig aufeinander bezogen, Refernzkünstler:innen also, die wertschätzend aufeinander abstimmten, was dann bei der Ausstellungeröffnung sehr erfrischend und vielfältig präsentiert wurde.

Siegi Kleindienst, Moni Lafer, Roswitha Ranz, Heinz Payer

Die Künstlerinnen, Siegi Kleindienst, Monika Lafer, Roswitha Ranz, Heinz Payer, Martin Krusche und ich sind zufrieden und inspiriert nach Hause gegangen, an jenem 8.8., der sich bis in den 9.8. hineingezogen hat. Eingepeitscht von Jasmin und Louis war die Veranstaltung vom ersten Ton an ein Hit. Fotografiert haben Sir Richard Mayr, Ayya Kaddur und Martin Krusche. Das tollste Video stammt vom Vizebürgermeister. Alles in allem also eine hochkarätige Partie, die aus purer Freude an Kunst und Kultur am Land zusammengekommen war. Très bien!

Jasmin und Louis

Wer mehr lesen möchte über den Amselsturm, hält sich an die Dokumentation des Krusche, die ein weitverzweigtes Myzel an Ein- und Ausblicken enthält. Dort erfährt man auch über die nächste Veranstaltung des Archipel in Gleisdorf alles. An solchen Tagen im Forum Kloster.

Leibnitzer Frauengruppe

Fleisch

Ich schneide ins Fleisch

In der Hand von komplizenhaften Seilschaften

schneide ich das Fleisch,

pflege die Räume für die Brut,

lese ihre Bücher,

kämme das Arsen,

das man mir verabreicht, wie

einem Ross vor dem Rennen.

Die Treibjagd auf die Journalistin

schlägt auch im feministischen Biotop Wellen.

Der hegemoniale Tratsch will es,

dass immer Zwei dazu gehören.

In der Hand von komplizenhaften Ewigpubertierenden,

schneide ich das Fleisch,

binde die Brühe,

poliere mein Zaumzeug,

versorge alle gut und mich leidlich,

leg mich in gemachte Betten,

aus denen ich geteert und gefedert,

wieder aufstehe

und weiterschneide,

in das Fleisch der perfiden Jäger.

Gewalt- und Opferschutz für Frauen 2023

Rechnungshofbericht „Gewalt- und Opferschutz für Frauen 2023“ fordert effektiveren Schutz und langfristig angelegte Strategien

Der Rechnungshofbericht „Gewalt- und Opferschutz für Frauen 2023“ fordert effektiveren Schutz und langfristig angelegte Strategien. Vom Klimaschutz wissen wir: Ohne bewusstseinsbildende Maßnahmen ändert sich kaum etwas. So wird man über den Einsatz der Ressourcen und den rechtlichen Rahmen, die einander ja wechselseitig bedingen, weiterhin beraten und diskutieren. Was aber ist heute und jetzt zu tun? In der Steiermark schießen die Femizidzahlen in die Höhe. Wir führen die österreichweite Statistik an. Vielleicht weil Alkohol und exzesshaftes Verhalten, aber auch eine nachhaltige Beeinträchtigung der Intelligenz bei ausreichend Alkoholkonsum, an unseren schönen Weinbergen festgemacht werden können? Nein! Schreit der Tourismus. Vielleicht weil die Exekutive zu sehr um Gerechtigkeit bei den Wegweisungen bemüht ist, anstatt einfach jede Frau ernst zu nehmen? Nein. Die Polizei ist auf Zack. Vielleicht weil durch strukturelle Gewalt, das Fehlen von Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die ungleiche Bezahlung Frauen einfach besser dauerhaft dem traditionellen, niemals beglückenden Kleinfamilienmodel anhängen? Kann nicht sein, denken wir. Jede ist ihres Glückes Schmiedin.

Also sind wohl die Frauen selbst Schuld an der Misere. Denn die besteht nicht etwa darin, dass Femizide geschehen und Frauen von ehemals Geliebten hingemordet werden. Die Misere ist – und das sagt uns der Rechnungshofbericht – dass das Geld nicht klug verwendet wird. Viel Herumgewurschtel mit wenig Output. Im Sinne einer Sensibilisierung aller Bevölkerungsschichten ist jedenfalls ein Hinschauen erforderlich. Gewaltspuren im sozialen Nahraum müssen erkannt, benannt und gebannt werden. Hilfreich wäre da natürlich auch eine mediale Berichterstattung, die weniger skandalisieren und mehr informieren könnte. Die Kontaktdaten und Anlaufmöglichkeiten von Opferschutzeinrichtungen, Beratungsstellen und Bildungseinrichtungen sollten so augenfällig und effektiv sein wie Lottoannahmestellen. Die Chancen, einen Jackpot zu machen sind gering, aber dass in zwei Wochen der nächste Femizid Österreich erschüttern und völlig überraschend eine von uns treffen wird, das ist sicher.

Geld wie Sand am Meer,

aber nicht für Frauen

Bargeldloser Zahlungsverkehr hat sich gegenüber dem Tauschhandel der vorigen Jahrhunderte relativ rasch durchgesetzt. Frauenanliegen hingegen tümpeln konsequent dahin. Cui bono? Nicht immer lässt sich nachvollziehen, wohin die demokratische Reise geht. Eine völlige Abschaffung des Bargelds trüge jedenfalls maßgeblich zur Transparenz von Geldflüssen bei. Die EU und so mancher österreichische Politiker – Politikerinnen werden neuerdings dort, wo man nicht gendern mag, wieder mitgemeint – wollen es allen recht machen und diskutieren nun eine optisch ansprechende Neugestaltung der Banknoten.

Doppeldeutige politische Botschaften, soweit das Auge reicht. Diese Nicht-Fisch-und-nicht-Fleisch-Haltung scheint sich in unseren zunehmend veganen Zeiten in allen Themenbereichen durchzusetzen. Wie beim Geld vergisst man aber, worauf es eigentlich wirklich ankommt, nämlich auf eine Bekämpfung der horrenden Inflation, die den Durchschnittsbürger:innen das „normale“ Leben nahezu verunmöglicht. Aber was ist schon normal?

Beim Klima ist es nicht anders. Um der Letzten Generation ebenso gerecht zu werden, wie denjenigen, die noch schnell einmal eine richtig schöne Fernreise erleben wollen, bevor das am Ende gar verboten oder völlig unleistbar wird, begibt sich die Politik nun in Sommerpause, ungeachtet der Tatsache, dass diese nur genossen werden kann, wenn a) das Einkommen stimmt und b) die Klimaanlage funktioniert. Von einer realen Klimaanlage, einer sinnvollen Investition ins Klima, könnte man hingegen sprechen, wenn der öffentliche Verkehr endlich ausgebaut und der Gütertransport auf die Schiene verlagert würde. Darüber wird, wenn überhaupt, nur mit Verspätung und außerordentlich schleppend diskutiert.

More oft the same in der Frauenpolitik. Eine Investition ins gesellschaftliche Klima wäre der Ausbau der flächendeckenden Kinderbetreuung. Da das nicht klappt, versucht man es nun mit Verhütungsmittelfreigabe, also Gratispille? Nicht in echt. Wir reden und schreiben nur drüber, damit Aktion vorgetäuscht wird. Denn: Schwangerschaftsabbruch bleibt nach wie vor ein Strafdelikt und keineswegs eine Ermessensfrage jener, die meinen: Mein Körper gehört mir. Dass Frau-Sein einer teuer zu stehen kommt, erfährt unsereins in jeder Lebensdekade: In unseren ersten 10 Lebensjahren sozialisiert uns das System nach wie vor rosarot und himmelblau. In der zweiten Dekade strengen wir uns gewaltig an, spielen Fußball, Klavier und Barbie und bringen die besseren Schulabschlüsse. In Dekade drei verdient der Staat in jedem nur erdenklichen Fall an unserer Fertilität. Zwischen 40 und 50 frisst uns entweder die Familie oder eine, um ein Drittel minderbezahlte, Arbeit auf. Von 50 bis 60 versuchen wir Anschluss zu finden, an neue Partner, Pensionszeiten oder sinnstiftende berufliche Umorientierung. Dekade sechs zeichnet sich für viele von uns wieder durch Pflegeverpflichtungen aus. Wir pflegen die Eltern, die Schwiegereltern, auch oft hauptberuflich und unterbezahlt. Zwischen 70 und 80 erleben wir mehrheitlich, was Altersarmut, Altersdiskriminierung und Alterseinsamkeit bedeuten. Wer tatsächlich 80 oder älter wird, muss sich vorwerfen lassen, dass sie ihren Partner überlebt hat und nun dem System auf der Tasche liegt. Das alles verkauft uns die Politik als Wahlfreiheit, die Frauen ohnehin schon seit Jahrzehnten genießen und nimmt dieses Argument als Rechtfertigung dafür, Frauen-Startups ebenso wie Sozialarbeit weiterhin nur marginal zu fördern. Feminismus bleibt, durch die Verweigerung jeglicher dauerhaften Finanzierung von Fraueneinrichtungen, lahm und ungelenk, immer in den Kinderschuhen. Feministinnen gibt es ja ohnehin nicht, wie Sand am Meer. Oder fällt ihnen außer Alice Schwarzer noch eine ein? Ein gewollter Feministinnen-Engpass! Egal. Feminismus ist und bleibt, im Gegensatz zu Rammstein und dem patriarchal organisierten Kunst- und Kulturbetrieb unserer Tage, Sand im Getriebe einer sich rasant entwickelnden europäischen Demokratie.

Als ich nicht schlief

Als ich eines Nachts nicht schlief,

ging ich durch alle unsere Räume

mit dem waidwunden Blick

vom bald schon letzten Mal.

Jedes Detail war mir so lieb.

Der Sprung im Glas der Lampe,

die Krumen auf dem Tisch,

das Geschirr vom letzten Abend,

in der Spüle unsere Weingläser.

Dein ruhiger Atem drinnen,

aus dem ich heraustrat

und auf das schwarze Meer sah.

Es nickte mir Mut zu.

Ein allerletztes Mal.

Spanien macht`s vor

Spanien macht vor, was eine Gleichbehandlungsministerin bewegen kann.

Irene Montero, die spanische Gleichbehandlungsministerin seit 2020, ist die Stimme für LGBTQA- AktivistInnen. Sie macht klar, dass Feminismus für alle da ist. Für uns alle. Feminismus ist die Stimme gegen soziale Ungerechtigkeiten.

Der Gesetzesantrag zur freien Geschlechterwahl ab 16 ist in Spanien beschlossen. Das Recht auf arbeitsfreie Tage bei starken Menstruationsbeschwerden ist spanienweit bewilligt. Das sind europäische Meilensteine in Sachen Gleichstellungspolitik.

Tatsächlich hat die ganze europäische Bevölkerung ein Problem: nämlich ein Gewaltproblem. Diesmal meine ich nicht die Femizide, die zur grauenvollen Realität unseres Alltags gehören. Für gewisse Formen der Gewalt finden wir, ohne uns das zu vergegenwärtigen, Rechtfertigungen. So kommt es, dass in unserem Unterbewusstsein bestimmte Handlungsweisen schon so sehr verinnerlicht sind, dass wir selbst gar nicht bemerken, wie tolerant wir zum Beispiel toxischer Männlichkeit gegenüber sind.

Wir tolerieren Männer, die uns kontrollieren, die uns einschränken, die unsere Freiheit beschneiden, die uns schlecht behandeln, die unsere erbrachten Leistungen überhaupt nicht zu schätzen wissen. Wir finden Ausreden. Männer, die SMS Nachrichten und E-Mails auf den Handys ihrer Frauen lesen, Männer, die Frauen nicht erlauben, sich mit ihren Freundinnen zu treffen, Männer, die ihre Partnerinnen in jeder Beziehung kurzhalten, erleben wir oft als besorgte, wenn nicht sogar fürsorgliche Freunde. Wir rechtfertigen ihre Übergriffigkeiten. Männer, die Unterhalt für ihre Kinder bezahlen, bewundern wir, während wir Frauen, die ganztags arbeiten, um ihren Kindern einen gewissen Lebensstandard zu bieten, für karrieregeil oder für Rabenmütter halten. Frauen, die geschlagen oder vergewaltigt werden, haben sicher auch selbst schuld, denken wir. Mit dieser Einstellung tun wir uns auch selbst Gewalt an. Dazu sagen wir StoP. Stoppt Partnergewalt, so heißt ein österreichweites Projekt, das derzeit in 25 Frauenberatungsstellen umgesetzt wird. Leibnitz ist eine davon.

Wichtig sind Politikerinnen in der Öffentlichkeit, die aufzeigen, dass alle dieselben Rechte haben müssen. Wichtig sind Einrichtungen, die für sie Frauen da sind. Wichtig sind Sie und Ihre Unterstützung für diese Anliegen, die unser aller Anliegen sein müssen. Stoppt das Schweigen über Gewalt, und reden wir darüber. Täglich und mit allen Menschen, die uns begegnen.