Journalstudio, Dienstag der 29. März. Verhandlungen zum Ukrainekrieg in der Türkei. Die Zuständigen für die Verteilung von Flüchtlingen auf die einzelnen Länder und Bundesländer bitten um keine Diskussion über Quoten. Sehr seltsam. Niemand kann sich eine Gewinnausschüttung ohne Quoten vorstellen. Ein aliquoter Anteil des Gehalts geht für Steuern drauf. Wettquoten. Einschaltquoten. Importquoten. Abfallquoten. Für alles, was gerecht sein soll, gibt es Quoten. Aber eine Flüchtlingsverteilungsquote und eine Frauenquote brauchen wir mit Sicherheit nicht. Da genügt uns das Augenmaß voll und ganz. Österreichs Bauern suchen weiterhin dringend Kräfte für die Erdbeer- und Spargelernte. Je teurer die Arbeitskräfte, desto niedriger der Gewinn. Ein Job also, den vor allem Frauen und andere Ausländer annehmen sollten, um zur Gesellschaft etwas beizutragen.
Außerdem, so höre ich, besteht überhaupt kein Grund zu befürchten, dass Russland Atomwaffen einsetzen könnte. Das sagt fünf Wochen nach Kriegsbeginn der russische Außenminister. Warum fällt mir bloß Orwell ein? Welches Tier bin ich, auf dieser Farm der Tiere? Fragen über Fragen. Aber dunkel glaube ich mich, daran zu erinnern, dass noch drei Tage vor Kriegsbeginn hoch und heilig beteuert wurde, dass es niemals zu einem Überfall auf das Brudervolk kommen würde.
Anstatt sich mit der näheren Geschichte zu beschäftigen – mit dem, was vor drei Wochen oder drei Monaten oder auch vor drei Jahren war – diskutiert man mit Heftigkeit eine Fernseh-Watschen, die einer dem anderen gegeben hat. Um beim Tierreich zu bleiben: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Ein Diskurs als Ersatzbefriedigung für einen anderen, viel dringenderen. Denn manche sind gleich und mache gleicher.
Meine Giséle kauft wieder täglich ihren billigen Wein. Sie spart bei sich selbst. Was man von hier aus sehen kann, sind das die alltäglich Dinge, die mich bewegen. Heute nehme ich mir nach der Arbeit auch einmal einen Liter von Giséles Lieblingströpfchen mit nach Hause. Prost!